Kommentar in der SÜDWEST PRESSE vom 22. Juni 2007, S. 1
Der Auslese-Terror
Antje Berg
Mancher lässt es sich viel kosten, der Wahrheit nicht
ins Gesicht sehen zu müssen: Die zu eisernem Sparen entschlossene
Landesregierung scheut jedenfalls nicht davor zurück, eine ungeliebte
Schulart mit mehreren Millionen Euro vor dem langsamen Tod retten zu wollen.
Von Jahr zu Jahr sinkt der Prozentsatz der Schüler, die in die
Hauptschule wechseln. Dorthin geht nur noch, wer muss -
und sich den Nachhilfelehrer in der Grundschule nicht leisten kann.
Man möchte dem CDU-Kultusminister einmal empfehlen, einige Wochen
in einer vierten Klasse zu verbringen. Dort, wo der Auslese-Terror tobt,
weil Schüler und Eltern wissen, dass innerhalb kürzester Zeit ein
Gutteil der Zukunftschancen verteilt wird. Vielleicht nähme Helmut Rau
dann Abstand von seinen Plänen, nun auch noch die Hauptschüler
selbst einer Selektion zu unterziehen, sie nach einer "Kompetenzanalyse"
erneut in starke und schwache zu unterteilen.
Konstruktiv ist einzig die Idee, den Praxisbezug auszubauen
und die jungen Leute mehr Erfahrung in den Betrieben sammeln zu lassen.
Doch auch so werden das überkommene dreigliedrige Schulsystem und
die Hauptschule nicht überleben.
Damit Kinder ihre Fähigkeiten entfalten können, brauchen sie Lehrer
und Bildungspolitiker, die sie auf jede erdenkliche Weise fördern,
statt sie immer wieder auszubremsen und abzuschieben.
Erscheinungsdatum: Freitag, 22.06.2007 Quelle:
http://www.suedwest-aktiv.de/
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