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Presse-Mitteilungen und -spiegel

ZDFheute.de vom 03. Oktober 2007

"Tag der offenen Moschee" soll Vorurteile abbauen

Muslime: Gebetshäuser als Ort der Integration

Als Orte der Radikalisierung werden sie oft betrachtet, als Platz, an dem Gegengesellschaften entstehen: Diesem Bild wollen die Muslime mit dem "Tag der offenen Moschee" entgegenwirken - bewusst an dem Datum, an dem Deutschland wiedervereinigt wurde.

Ayyub Axel Köhler ärgert sich - und drückt seine Empörung mit Ironie aus: In Deutschland sei es schwerer, eine Moschee zu bauen als ein Kernkraftwerk. Die Widerstände, Ängste und Bürgerinitiativen gegen neue Moscheebauten wie in Köln kann der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland nicht verstehen. Umso mehr werben seine Organisation und andere islamische Spitzenverbände für mehr Toleranz und Miteinander zwischen muslimischer und anderer Bevölkerung. Dem soll auch der bundesweite "Tag der offenen Moschee" am 3. Oktober dienen, zu dem die Muslime nun seit zehn Jahren einladen.

Gemeinsame Basis der Religionen

Der "Tag der Deutschen Einheit" wurde bewusst als festes Datum gewählt. Denn nicht nur Ost- und Westdeutschland, sondern auch die verschiedenen Religionen und Kulturen sollen nach Ansicht der Initiatoren zu einer gemeinsamen Basis finden. Vor allem aber möchten die Muslime gegen Einstellungen angehen, die muslimische Gemeinden als integrationsfeindliche "Gegengesellschaften" und Moscheen als "Orte der Radikalisierung" betrachten.

    Infobox
    Mehr als 100.000 Besucher erwartet
    Zum elften Tag der Offenen Moschee erwarten die vier größten islamischen Dachverbände in Deutschland heute mehr als 100 000 Besucher. Unter dem Motto "Moscheen - Brücken für eine gemeinsame Zukunft" wird das Gespräch mit den Bürgern gesucht.
    Geplant sind Ausstellungen, Büchermärkte und Folklore-Vorführungen. Mit der Aktion am Tag der deutschen Einheit wollen die Muslime ihr Selbstverständnis hervorheben, ein Teil Deutschlands zu sein. In der Bundesrepublik leben über drei Millionen Muslime

Deshalb bieten die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen Verbände - neben dem Zentralrat die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), der Islamrat und der Verband Islamischer Kulturzentren in Deutschland (VIKZ) - einen Besuch in ihren Moscheen an. Ziel ist es, Nichtmuslimen einen Einblick in das Leben der Gemeinden zu gewähren und so mögliche Vorurteile abzubauen.

Vor allem mit der Einreise muslimischer Gastarbeiter in den 1960er Jahren, insbesondere aus der Türkei, kam es zur Bildung von Moscheegemeinden. Die Neubürger richteten überwiegend in Hinterhöfen einfache Gebetsstätten ein.

2750 Moscheen in Deutschland

Inzwischen gibt es in Deutschland rund 2750 muslimische Gebetshäuser, darunter rund 160 repräsentative Bauten mit Kuppel und Minarett. Als erste Moschee auf deutschem Boden gilt die im Schwetzinger Schlossgarten in Baden-Württemberg. Das von 1779 bis 1791 errichtete Gebäude war zunächst gar nicht als Gebetsstätte geplant, wird aber seit 1870 als solche genutzt.

Für die islamischen Verbände sind dies alles überwiegend "Orte der Integration", auch wenn dort oft die Sprache der aus rund 40 Ländern stammenden Muslime dominiert und die Imame häufig kein Deutsch sprechen. Dies bedeutet aus ihrer Sicht keine Ablehnung der deutschen Gesellschaft.

Ein Stück Heimat

Die Organisationen verweisen darauf, dass auch deutsche christliche Gemeinden in der Türkei, den USA oder Großbritannien die Muttersprache pflegen und so ein Stück Heimat bieten. Die Moscheen in der Bundesrepublik als Orte des religiösen und sozialen Lebens könnten als Zeichen dafür gewertet werden, dass Muslime sich auch in Deutschland wohl fühlen.

Die Verbände räumen zwar ein, dass sich "manche" Moscheegemeinden gegenüber der deutschen Gesellschaft ablehnend verhalte. Die große Mehrheit aber sei an einem guten Verhältnis interessiert.

Koran- und Deutschstunden

Mit dem "Tag der offenen Moschee", an dem sich rund 1000 Gemeinden beteiligen, wollen sich diese jedenfalls dialogbereit zeigen. Denn neben dem Koranunterricht oder Nähangeboten für Frauen gebe es dort oft auch Deutsch- und Alphabetisierungskurse.

Bei allen Konflikten bleibt Köhler optimistisch. Zwar würden Moscheebauten oft "aus nichtigen Gründen" verhindert, sagt er. Doch sobald eine muslimische Gebetsstätte einmal stehe und betrieben werde, gebe es keine Probleme mehr.

von Andreas Otto, KNA
Mit Material von dpa

© ZDFheute.de - Erscheinungsdatum: Mittwoch, 03.10.2007