Stadt Ulm

Kontaktstelle für die ausländische

Bürgerschaft und Europaangelegenheiten

 

 

 

 

 

 

 

Bericht zur Befragung

‘ Integration ausländischer Jugendlicher in Ulm’

Eine Initiative des Projektes

„Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie“

 

 

 

 

 

Projekt  "Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie?"

Ulm, Februar 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

1

Vorwort

 

3

2

Einleitung

 

5

3

 

Ziele des Projektes

 

8

4

Inhaltliche Aspekte der Befragung und Rücklaufquote

 

8

5

5.1

5.2

5.3

Datenauswertung und Interpretation

Daten zu den befragten Vereinen

Zielsetzungen der Vereine und Motive der Vereinsgründung

Jugendarbeit und Aspekte der Integration

 

10

10

12

14

6

Fazit und Schlussfolgerungen

 

19

7

Vorschläge aus dem Projekt

 

22

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Der folgende Bericht stellt die Ergebnisse der explorativen Befragung ‘Integration von ausländischen Jugendlichen in Ulm in der Arbeit ausländischer Vereine"  dar. Diese Arbeit ist im Rahmen des Projektes „Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie“ der Stadt Ulm entstanden. An dieser Stellte möchten wir uns bei dem Ausländerbeauftragten der Stadt Ulm, Herrn Gerhard Wörner für die Zusammenarbeit bedanken. Die inhaltliche Konzeption, Durchführung und Auswertung der Befragung wurde von Senioren und Seniorinen des Projektes vorgenommen und durch Carolina Butto, Dipl. Pädagogin und Soziologin M.A, begleitet.

Die vorliegenden Informationen über ausländische Vereine und ihre Vorstellungen darüber, wie "ausländische Jugendliche" besser in die Stadt Ulm bzw. in Deutschland integriert werden könnten, basieren auf Gesprächen mit Vertreter/innen der ausländischen Vereine und deren Angaben zu einigen Fragen, die mittels Fragebogen gestellt wurden. Die Daten wurden insgesamt in fünf Monaten des Jahres 2001 gesammelt.

Generationswissen erfahrbar machen und Interkulturelles Lernen auf lokaler Ebene zwischen den Generationen und (auch bei) Jugendlichen zu fördern war das Anliegen einer Gruppe von Senioren und Seniorinnen, die sich im Rahmen eines Projektes ‘Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie?’ zum Ziel gesetzt haben, ausländischen Jugendlichen in der Region Ulm zu beruflicher und sozialer Integration zu verhelfen. Aufgrund der fachlichen Kompetenzen und Lebenserfahrungen sind Senioren/innen einerseits derjenige Teil der Gesellschaft, der (vor dem Hintergrund der Alterspyramide und Lebenserfahrungen) wesentliche Voraussetzungen für zukünftige gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringt. Selbst wenn sie sich im Bezug auf „Wissen“ und „Kompetenz“ in einer anderen Lebensphase befindet, möchte sich die ‘ältere Generation’ bei der Zukunftsgestaltung der Stadt Ulm engagieren. Andererseits sind deutsche und ausländische Jugendliche von den Wandlungen der Zukunft mit am stärksten betroffen. Es lag daher nahe, diese beiden Teile der Ulmer Gesellschaft auf lokaler Ebene an der Schnittstelle des Themas  Integration zusammenzuführen.

Dieses Projekt ging über das gegenseitige Kennen lernen deutscher und ausländischer Bürger/innen und kultureller Vereinsarbeit hinaus. Senioren und Seniorinnen wollten sich in einem lokalen Projekt aktiv beteiligen, in dem sie u.a. ihr fachliches Wissen, Berufs- und Lebenserfahrungen an eine relevante Zielgruppe weitergeben und vor dem Hintergrund der Diskussion über die Zuwanderung bzw. den in Deutschland zunehmenden Rechtsradikalismus zur Förderung des Zusammenlebens deutscher- und ausländischen Bürger/innen in Ulm beitragen. Dieser Aspekt war darüber hinaus wichtiger als eine nach exakten wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studie.

Die Datenerhebung wäre ohne das Engagement und die hervorragende Mitarbeit - von der Konzeption bis hin zur Durchführung der Befragung -  der Senioren/innen des Projektes „Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie“ nicht zustande gekommen. Der Dank geht an: Carola Bühler, Sayife Fakioglu, Jacqueline Noller, Willi Preuß, Hartmut Schanz, Dominika Schroth, Irene G. Steyrer und Gisela Streichan. Der Dank gilt auch den ausländischen Vereinen in Ulm, die die vorliegenden Fragen beantwortet und mit der Initiative kooperiert haben. Schließlich gilt der Dank den Mitarbeiterinnen der Kontaktstelle für die ausländische Bürgerschaft und Europaangelegenheiten der Stadt Ulm, die das Projekt mit Interesse begleitet haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.         Einleitung

 

In Ulm gibt es - wie überall in Deutschland - verschiedene Initiativen zur sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration ausländischer Jugendlicher. Die einzelnen Maßnahmen sind zu diversem Zeitpunkt, in verschiedenen Zusammenhängen und mit unterschiedlicher Zielsetzung entstanden und bei zahlreichen Trägern angesiedelt.

 

Diese Initiativen sind notwendig, denn die Daten der Sozialberichterstattung sprechen für eine fortdauernde Benachteiligung bedeutender Teile dieser Bevölkerungsgruppe, vor allem der Mädchen/jungen Frauen ([1]). Die Bildungsdaten und jene zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration zeigen, dass die strukturelle Eingliederung insgesamt noch sehr zu wünschen lässt. Dies gilt im übrigen auch für die soziale Integration ([2]). Ein beträchtlicher Anteil der jungen Menschen ist bereits marginalisiert bzw. zumindest von (dauerhafter) Marginalisierung bedroht. Schwierigkeiten in der beruflichen Integration haben nicht nur Jugendliche aus den Familien der sog. Arbeitsmigranten, sondern auch zunehmend Aussiedlerjugendliche ([3]).

 

Eine allgemeine Aussage kann aus der o.g. Situation nicht gemacht werden, denn nicht alle jungen Menschen ausländischer Herkunft befinden sich in benachteiligten Lebenslagen. Die lange Zeit unangefochtene Annahme, dass die Migrantenexistenz vorwiegend problembelastet ist und notwendigerweise mit einer Identitätsdiffusion einhergeht, stimmt nicht mehr ([4]). Schließlich sind diese Jugendlichen Kinder einer modernen Gesellschaft, ebenso wie andere Gleichaltrige in Individualisierungsprozesse einbezogen. Zwar sind die Herausforderungen der Migration und des Aufwachsens als Mitglied einer Minderheit beträchtlich, jedoch stehen den Risiken auch neue Chancen gegenüber, wobei der familiale Kontext und die Einbindung in ethnische Gemeinschaften fallspezifisch auf Restriktionen, Belastungs- und Unterstützungspotentiale hin zu untersuchen sind. Aufs Ganze gesehen sind Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien nicht mehr auffällig (z.B. Sucht, Kriminalität, psychische Störungen), als Mädchen und Jungen deutscher Herkunft, was für erhebliche Bewältigungsressourcen spricht.

 

 

Ein wichtiges Ziel der Jugendpolitik in Baden-Württemberg besteht vor diesem Hintergrund darin, ein besseres Zusammenleben und die Förderung junger Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft zu erreichen und damit die kulturelle Kompetenz Jugendlicher zu stärken. Seit 1999 besteht ein besonderes Förderprogramm zur Integration ausländischer Jugendlicher mit Teilprogrammen in den Bereichen verbandlicher Jugendarbeit, offene Jugendarbeit, Sportjugendarbeit, Kooperation Jugendarbeit - Schule, Jugendkulturarbeit und baden-württembergisch - türkische Jugendbegegnung. Neben den traditionellen Jugend- und Wohlfahrtsverbänden und deren Zuständigkeit für Integrationsaufgaben kommen ausländische Organisationen, ethnischen Institutionen und Vereine hinzu, denen - im Anschluss an die 'ethnic community'-Forschung -, eine 'Mittlerfunktion' zugeschrieben wird. Es dürfte allerdings kaum überraschen, dass generell die Annahme von Angebotsformen "eher pragmatisch ablaufen"; Diskriminierungserfahrungen begünstigen die Inanspruchnahme etwa türkischer Sportvereine; aber: der Wunsch nach Kontakten mit deutschen Gleichaltrigen ist in der Regel vorhanden, wenn auch nicht entsprechend realisiert. Der Befund einer Distanz zwischen Jugendverbänden und zugewanderten Jugendlichen und von Segregationstendenzen zwischen autochthonen und ausländischen Jugendlichen überrascht nicht weiter ([5]).

Jugendliche ausländischer Herkunft bewegen sich zumeist in ethnisch-heterogenen Milieus; ihre Erfahrungsräume sind nicht nur ethnisch, sondern auch milieu- und geschlechtsspezifisch bestimmt ([6])

 

Ob und in welcher Form ausländische Jugendliche allerdings von ausländischen Vereinen (z.B. in herkunftslandorientierten Kontexten wie politisch-religiösen Vereinigungen oder sozialen Kontexten wie in kulturellen, religiösen und Freizeitvereinen) – außerhalb der Sportverbände -"erreicht" werden, ist unklar. Während Vereine einerseits als ethnischen Eigenorganisationen und "Instrumente im Situierungsprozess von Zuwanderern" gesehen werden und die These, dass  diese Formen der Eigenorganisationen der Zuwanderer die Segregationstendenzen und Konfliktpotentiale nur vermehren würden, mittlerweile kritisch reflektiert wird ([7]) besteht doch (im Verein) die ‘Gefahr’ des Rückzugs auf eher traditionelle Tendenzen, als eine Art Schutz vor der Modernisierung oder als ein Mechanismus zur Aufrechterhaltung der eigenen Identität. Jugendliche suchen dagegen eher die Auseinandersetzungen zwischen dem Traditionellen und Modernen– die eben nicht immer in den ausländischen Vereine gefunden werden; immerhin sind (alle) Jugendlichen der Region Ulm eingebettet in weltumspannende Zusammenhänge, die oft nicht einfach zu verstehen sind, deren gegenseitige Abhängigkeiten aber das Alltagsleben prägen. „Tatsächlich stellt unsere Welt der globalisierten Märkte, der gewandelten Familienstrukturen und der technologischen Entwicklung vieles auf die Probe, was bisher da war und bis jetzt als gesichert galt. Angesichts des lebenslangen Lernens, gehäufter Erwerbsunterbrechungen, angesichts rasanter Innovationsgeschwindigkeiten im Hightech- und Kommunikationsbereich und immer kürzerer Halbwertzeit für Ruhm und Geistideen scheinen die Zeiten stabiler und homogener Wertstrukturen vorbei zu sein“ (Shell-Jugendstudie 2000).

 

Andererseits: Es ist zu beachten, dass die Integrationsprozesse der Migrantenjugendlichen immer aus den “communities” heraus in die Aufnahmegesellschaft erfolgen. Deshalb ist es u.E. wichtig, dass die kommunalen Behörden die Entwicklung der “communities” sorgfältig begleiten und zu ihrer inneren demokratischen Gestaltung beitragen, damit diese Integrationsprozesse für alle Beteiligten lösungsorientiert und weniger konflikthaft verlaufen. Dazu gehört eine verstärktete und differenzierte Kooperation mit unterschiedlichen ausländische Vereinen in Ulm. Von daher ist es auch wichtig zu erfahren, welche Maßnahmen die ausländischen Vereine zur Integration der Jugendlichen als bedeutsam erachten, als Eigenleistung aber auch Leistung der Kommune in der sie leben. Im Sinne eines "ressourcenorientierte Ansätze" wollte die Arbeitsgruppe "Interkulturelles Lernen - Realität oder Utopie"  die eigenen sozialen Netze der Ausländer und Migranten nutzen und ihre Sichtweise zur Kenntnis zu nehmen.

 

3.         Ziele des Projektes

 

Primäres Anliegen dieser Befragung war die Abbildung von Zielsetzungen und Aktivitäten der ausländischen Vereine in Ulm, um den Prozess der Integration ausländischer Jugendlicher zu fördern (Kernfrage: Wo benötigen Jugendliche aus der Sicht der ausländischen Vereine in Ulm konkrete Unterstützung?). Zugleich wurde im diesem Kontext die Rolle und Beitrag der Stadt Ulm und Deutschland im Prozess der Integration von ausländischen Jugendlichen analysiert – durch die Konzentration auf wenige Fragen besteht hier allerdings nicht der Anspruch auf eine wissenschaftliche Untersuchung. Dennoch bestand ein wichtiges Anliegen der Arbeitsgruppe darin, aus der Befragung ersichtlichen Hinweise der Vereine zur Verbesserung der Integrationsbemühungen der Stadt Ulm beizutragen.  Darüber hinaus gab es eine Reihe nachgeordneter – nicht im direkten Zusammenhang mit der konkreten Befragung zu sehenden - Zielsetzungen:

 

·        Vor dem Hintergrund der Globalisierung und Europäisierung wurden die Bemühungen der Arbeitsgruppe und der erste Erfahrungsaustausch mit ausländischen Vereinen als Bestandteil von Aktivitäten verstanden, Vorurteile gegenüber anderen Kulturen zu thematisieren, verschiedene Werte- und Glaubenssysteme kennen zu lernen,  um so die Tendenz mangelnder Toleranz gegenüber anderen Kulturen bzw. Ländern  vorzubeugen.

·        Insofern ging es auch darum, die Befragung als ersten Schritt eines "interkulturellen Dialogs" zu sehen, um Gemeinsamkeiten zwischen unterschiedlichen Nationen, Chancen zur Erweiterung und zur Bereicherung der eigenen Kultur zu suchen und zu betonen.

 

 

4.         Inhaltliche Aspekte der Befragung und Rücklaufquote

 

Am Jahresende 2000 betrug der Anteil der in Baden-Württemberg lebenden Ausländer an der Gesamtbevölkerung Baden-Württembergs 11,9 Prozent (1,25 Millionen), zehn Jahre zuvor waren es 10,4 Prozent. Besondere Anziehungskraft übten die Landeshauptstadt Stuttgart sowie die Stadtkreise Mannheim und Heilbronn aus. In Stuttgart stieg der Ausländeranteil von 20 Prozent im Jahr 1990 auf 24 Prozent am Jahresende 2000. Mit gut 16 Prozent erheblich über dem Durchschnitt des Landes liegen auch die Stadtkreise Ulm (16,7) und Pforzheim (16,5) sowie die Landkreise Böblingen (16,3) und Ludwigsburg (16,2) (Quelle: Statistisches Landesamt). Zur Zeit leben in Ulm etwa 19.500 Einwohner ausländischer Herkunft aus über 120 Staaten. Diese Mitbürger tragen im wesentlich zur kulturellen Vielfalt bei. Häufig handelt es sich hauptsächlich um Kulturvereine, deren Ziele und Aktivitäten auf diesem Bereich ausgerichtet sind.

 

In der vorliegenden Befragung wurden verschiedene Aspekte erhoben:

 

·      Informationen zum Verein - u.a. Alter, Geschlecht und Nationalität der Mitglieder des Vereins. Dazu kamen fragen zu Zielsetzung und Finanzierung des befragten Vereins. Die Fragen zielten auf Informationen über die Art der Vereinsarbeit und die Zusammenhänge unterschiedlicher Aspekten (Pflegen der eigenen Tradition, die Kultur in der Öffentlichkeit, die Integration der Mitglieder in der deutschen Gesellschaft und das Gefühl der Zusammengehörigkeit).

·      Sichtweise der befragten Vereine - u.a. zu Fragen, wie die Integration ausländischer Jugendlicher in Ulm gefördert bzw. verbessert werden oder nach den Faktoren, die die Integration ausländischer Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland erschweren (z.B. Vorurteile, Angst vor dem Unbekannten, fehlende Ausbildung der Ausländer/innen, etc.)

·      In diesem Kontext wurde den Vereine mittels ergänzender Fragen bzw. Kommentaren, die Möglichkeit gegeben, sich zu unterschiedlichen Themen zu äußern.

 

Die Befragung wurde vor Ort durchgeführt bei

 

·      den eingetragenen ausländischen Vereinen in Ulm,

·      deren Mitglieder primär von Migranten/innen gebildet werden und die

·      kulturelle, soziale und religiöse Ziele durch unterschiedlichen Aktivitäten verfolgen

·      und bereit waren, an der Befragung teilzunehmen.

Befragt wurden jeweils der Vorstand oder Vertreter/innen verschiedener ausländischer Vereine. Die Befragung wurde mit Zustimmung der zuständigen Vertreter der Vereine durchgeführt.

 

Von insgesamt 58 lagen nach Rückgabe 25 verwertbare Fragebögen vor. Dies entspricht einer Rücklaufsquote von ca. 43 Prozent.

 

5.         Datenauswertung und Interpretation

5.1       Daten zu den befragten Vereinen

 

Die folgende Abbildung dokumentiert die Häufigkeiten der Vereinsgründungen seit den 50er Jahren (bezogen auf Angaben von 25 Vereinen, die an der Befragung teilgenommen haben. Die "wahre" Verteilung ist aus den Angaben nicht ersichtlich.) und zeigt, dass die Rücklaufquote von Vereinen mit jüngerem Gründungsdatum höher ist (Abbildung 1). Die Mehrheit der Gründung liegt den 90er Jahren.

Abbildung 1:

Häufigkeiten der Vereinsgründungen in seit den 50er Jahren in Ulm Angabe in Häufigkeiten (n=23)

        Quelle: Befragung 2001

        

Ob aus Angaben der bearbeiteten Fragebögen eindeutig geschlossen werden kann, dass die Vereinsgründung schwerpunktmäßig in den 90er Jahren liegt, lässt sich nur tendenziell aus der Historie der ausländischen Vereine in Ulm bestätigen. Ende der 50er und 60er Jahre kamen die ersten ausländische Bürger/innen im Rahmen der Anwerbeverträge nach Ulm und wurden hauptsächlich von den Missionen der Kirche (z.B. Caritas) betreut; Inititativen zur Vereinsgründung waren rar. Die Arbeit der Kirche war an die Bedürfnisse der Migranten angepasst oder die Vereine hatten ihre Rolle als Mitgestalter gesellschaftlicher Prozesse noch nicht ins Anspruch genommen. Diese Situation änderte sich Ende der 60er Jahre, als weitere ausländische Vereine in Ulm gegründet wurden bzw. der Bedarf zur Pflege sozialer Kontakte unter den Migranten größer wurde. Eine weitere Gründungswelle ist dann in den 70er Jahren zu beobachten, als der Bundestag den Anwerbestop beschloss, bzw. die hier lebenden Migranten mit unterschiedlichen sozialen, ökonomischen und politischen Probleme konfrontiert wurden. Eine Situation, die sich vor allem dann in den 90er Jahren, als das Ausländergesetz verschärft wurde, verschlechterte. Über die Rolle der Vereine im "Situierungsprozess" wurde bereits in der Einleitung geschrieben, auch Lehmann (1997) meint, dass die Gründung bzw. die Existenz ausländischer Vereine in Ulm (und Deutschland) in ihrer Rolle als Medien der Integration ausländischer Bürger und Bürgerinnen zu sehen sei:  Sie stellen ein wichtiges soziales Netz dar, in dem soziale Kontakte geknüpft und die Pflege der eigenen Traditionen, das Feiern von einheimischen Feste oder die Aufrechterhaltung der Muttersprache möglich ist. Hier entsteht ein Stück "Heimat" im Verständigungsprozess mit der deutschen Gesellschaft.  In der 90er Jahren haben die Vereine ihrer Funktion bei der Verbesserung und Förderung der Bildung bzw. beruflichen Bildung erkannt und entsprechend ihre Arbeit auf diesem Gebiet ausgebaut, dies erklärt möglicherweise auch die Zahl der Vereinsgründungen in den 90er Jahren.

 

Sonstige Angaben zu den befragten Vereinen: Die Zahl der Mitglieder in den Vereinen, die auf die Fragebögen geantwortet hat, schwankt zwischen 9 bis 250 Mitglieder, überwiegend sind die Mitglieder männlich. Lediglich im Mazedonischen Club (70:60) oder im Deutsch Persischen Freundeskreis (9:6) bzw. Italienischen Kulturverein (20:15) und Bürgertreff Böfingen (40:20) dominieren die Frauen. Die Befragten schätzen das durchschnittliche Alter der Mitglieder mehrheitlich auf 37-47 Jahren; bei der Vielzahl der befragten Vereine verwundert nicht, dass ebenfalls eine Vielzahl von Nationen vertreten ist (von Migranten türkischer Abstammung bis zu Pakistanern). Der Verein mit der höchsten Mitgliederzahl unter den Vereinen, die auf die Befragung reagiert hat, ist der Islamische Kulturverein (n=250). Die Finanzierung der Vereine basiert in der Regel auf Mitgliedsbeiträgen und Spenden.

 

5.2. Zielsetzungen der Vereine und Motive der Vereinsgründung

 

Zu den Zielen des Vereins. In allgemeinen unterscheiden wir strukturelle und übergeordnete Ziele die sich auf die Kulturpflege, religiösen Austausch und Integration richten.  Andererseits finden wir funktionale Ziele, die konkrete Anliegen etwa der Sozial- oder Bildungsarbeit beschreiben.

 

Tabelle 1:  Strukturelle Ziele der Vereine

 

Erhaltung und Pflege der eigenen Kultur

 

Förderung der Verständnisses und Kontaktepflege unter den Religionen; Pflege der eigenen Religion,

Förderung des Friedens unter den Religionen

 

 

Förderung des Anpassungsprozesses auslän-discher Mitbürger

 

 

Förderung der eigenen Kultur und des kulturellen Austausches mit der deutschen Gesellschaft

 

 

Erreichung religiöser Integration

 

 

Förderung des gegenseitigen Verständnisses; Brücken zwischen den Kulturen bauen

 

Förderung der Zusammenarbeit und Freundschaften mit anderen Kulturen

 

Abbau von Vorurteilen durch Seminare und Vorträge

 

Förderung von interkultureller Information und Kommunikation

 

 

Erhaltung kultureller Tradition des Heimatlandes

 

 

Förderung der Integration ausländischer Bürger  in Deutschland, Lösung existierender Integrationsprobleme, Hilfe leisten bei der Integration

 

 

Gleichberechtigung türkischen Bürger in der Deutschen Gesellschaft

 

Die strukturellen Zielen beschreiben die Wünsche nach Aufbewahrung der kulturellen und sprachlichen Identität, der nationalen Bindung und die Heimatorientierung ebenso das Bedürfnis nach Integration und Vertretensein in der deutschen Gesellschaft. Sie drücken den Wunsch nach Zugehörigkeit, zugleich nach pschysischer und emotionaler Stabilität der hier lebenden MigranntInnen aus.

 

Tabelle 2:  Funktionale Ziele der Vereine

 

Schulische und berufliche Unterstützung: Nachhilfeunterricht und Hausaufgabenbetreuung leisten; Unterstützung der Jugendlichen bei der beruflichen Ausbildung

 

Organisation von Freizeitaktivitäten: Sport treiben; Organisation von Tanzen- und Folkloreveranstaltungen; Organisation von Fotoausstellungen; Durchführung kultureller Veranstaltungen (z.B. Theateraufführungen); Durchführung von Mädchen- und Frauenarbeit

 

 

Bildungsarbeit: Erlernen der Geschichte des Heimatlandes; Politische Bildung; Erlernen der deutschen Sprache; Erlernen der Muttersprache; Aufklärungarbeit über die Rechte und Pflichten ein ausländischer Bürger in  Deutschland

 

 

Soziale Kontakte: Menschliche Kontakte unter der Landsleute pflegen; Gemütliches Beisammensein durch kulturelle Feste fördern; Organisation und Durchführung von Ausflügen und Treffs zur Unterhaltung der Vereinsmitglieder; Treffpunkt für die Jugend sein

 

 

 

Sozialarbeit:Durchführung von sozialer Arbeit; Beratung bei Behördenangelegenheiten; Sicherung der Kinderwege und Spielplätze; Betreuung der hier lebenden Ausländer auf unterschiedlicher Ebenen; Jugend- und Seniorenarbeit leisten

 

 

 

Die funktionellen Ziele beschreiben Selbsthilfe-, Freizeit-, Dienstleistungsaktivitäten und verweisen auf das Selbstengagement ausländischer Bürger und Bürgerinnen. Befragt danach, was denn die Vereine tun würden, um diese Ziel zu erreichen, nennen die Vereine „Feste“ (n=18), Vorträge (n=17), und Bildungsangebote (n=14). Gleichzeitig zeigen die Antworten, bezogen auf die Schwerpunktsetzung der Befragung (hier: Integration der Jugendlichen), dass „Jugendarbeit“ bzw. Vereinsarbeit mit der Zielsetzung „Integration von Jugendlichen“ eben ein Aspekt von mehreren Anderen ist. 

 

Jugendarbeit ist auch mit 64 Prozent der Nennungen auf dem vorletzten Rang der Gründe zu finden, warum ein Verein gegründet wurde. Für die Vereine, die an der Befragung teilgenommen haben , stehen solche Gründe wie „um sich gegenseitig zu unterstützen“ (88 Prozent der Nennungen) oder „um das Gefühl der Zusammengehörigkeit weiter zu pflegen“ auf den ersten beiden Rangplätzen (vgl. Abbildung 2).

 

Abbildung 2:

Warum wurde der Verein gegründet?

Angaben in Prozent

5.3. Jugendarbeit und Aspekte der Integration

 

Nachdem bereits festgestellt wurde, dass die „Jugendarbeit“ in der Zielsetzung der Vereine ein Aspekt unter anderen ist und als Motiv zur Vereinsgründung eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, interessieren die Inhalte der Jugendarbeit (vgl. Abbildung 3). Es zeigt sich, dass die kulturellen Aktivitäten mit unterschiedlichen Nationalitäten die wichtigste Art der Jugendarbeit darstellt. 60 Prozent der befragten ausländischen Vereine leistet solche „interkulturellen Aktivitäten“ und hält sie zudem für wichtig. Auch „Folklorekurse“ werden in der Wichtigkeit im Rahmen der Jugendarbeit hoch angesiedelt und von den Vereinen durchgeführt (52 Prozent). Die Organisation von Freizeitaktivitäten und die schulische und berufliche Unterstützung (s.o.) werden in der Jugendarbeit von den Vereinen häufig geleistet und von den befragten Vereinen als wichtig beschrieben. Unter sonstige Art der Jugendarbeit finden sich z.B. Hausaufgabenbetreuung, Sprachkurse, Musikunterricht, Literatur, Dichtkunst, offene Mädchenarbeit, Prävention von Sucht.

 

Abbildung 3:

Welche Art der Jugendarbeit leistet der Verein?

Angabe in Prozent

 

Auf die Frage, was denn die Integration der Jugendlichen in die Bundesrepublik erschwert, geben 72 Prozent der antwortenden Vereine an, dass „fehlende Kenntnisse der Deutschen Sprache“ gravierend zu bewerten sind. Auch die Vorurteile „seitens der Deutschen gegenüber den Ausländern“ (72 Prozent) oder die „Zunahme des Rechtsradikalismus“ (68 Prozent) erschweren in der Sichtweise der Vereine die Integrationsarbeit (Abbildung 4).

Abbildung 4:

Was erschwert Ihrer Meinung nach die Integration ausländischer Jugendlicher in Deutschland?

Angabe in Prozent (Top 7)

 

Danach befragt, was denn die ausländischen Vereine in der „Eigenleistung“ tun müssten, um die Integration von ausländischen Jugendlichen in Deutschland zu fördern, wird vor allen Dingen mit 84 Prozent der Angaben betont, dass es nötig sei, „das Zusammenleben zwischen Deutschen und ausländischen Jugendlichen Bürger/innen“ zu fördern (ohne diese Forderung, bedingt durch die Vorgabe der Frage, näher spezifizieren zu können) und die „Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen“ zu intensivieren (72 Prozent). Auch „die vereinseigene Öffentlichkeitsarbeit“ wird von 68 Prozent der befragten Vereinen als Verbesserungsvorschlag zur Integration Jugendlicher in Deutschland angeführt. 

 

Abbildung 5:

Was müsste Ihrer Meinung nach von Ihrem Verein getan werden, um die Integration Jugendlicher in Deutschland zu fördern?

Angabe in Prozent

 

Auf die Frage, was in der Stadt Ulm getan werden müsste, um die Integration ausländischer Jugendlicher zu fördern, betonen alle 25 befragten Vereine die Bedeutung der Beteiligung an kommunalen Wahlen. Zudem wird von 92 Prozent der befragten Vereine die „Aufklärungsarbeit“ über die in Ulm lebenden Kulturen durch gemeinsame Veranstaltungen als wichtig eingeschätzt. Aber auch weitere Maßnahmen von „mehr finanzielle Unterstützung“ (88 Prozent), interkulturelle Bildungsarbeit an Schulen (84 Prozent), den „Austauch mit deutschen Jugendlichen durch Bildungsmaßnahmen fördern“ (84 Prozent) bis hin zur „Einbeziehung der Eltern durch gemeinsame Aktivitäten“ werden als wichtige Maßnahmen verstanden, die Integration der Jugendlichen zu verbessern. Weniger wichtig werden dagegen „Politische Bildungsmaßnahmen“ gesehen (Abbildung 6). Weiterhin genannt werden die Themen: Kommunale Gleichberechtigung, mehr Transparenz vom Ausländergesetz, Förderung benachteiligter Gruppen oder „überhaupt Unterstützung“ seitens der Stadt Ulm zu bekommen.

 

Abbildung 6:

Was müsste Ihrer Meinung nach in der Stadt Ulm getan werden, um die Integration ausländischer Jugendlicher zu fördern?

Angabe in Prozent

 

Weitere Hinweise geben die Antworten der befragten Vereine auf die Frage, was im Bereich Bildung und Verwaltung (Kindergarten, Schulen, Universitäten, etc.) getan werden müsste, um die Integration ausländischer Jugendlicher zu erleichtern. Durchweg betont wird die Thematik „Interkulturelles Training“: Die „interkulturelle Erziehung als Bestandteil der Bildungsinstitutionen zur fördern“, die „Interkulturelle Aus- und Weiterbildung der Pädagogen“ und des „Schulpersonals“ im allgemeinen zu forcieren werden von 92 Prozent der antwortenden Vereine als wichtig angesehen, um die Integration ausländischer Jugendlicher in der Stadt Ulm zu erleichtern. Selbst wenn Aspekte wie „Verbesserung beim Umgang mit Bürger/innen anderer Nationalitäten seitens der Ausländerbehörde“ oder „Interkulturelle Erziehung als Bestandteil der Bildungsinstitutionen zu fördern“ in der Rangreihe nachfolgen, werden sie doch als wichtig angesehen (Abbildung 7).

Abbildung 7:

Was müsste Ihrer Meinung nach im Bereich Bildung und Verwaltung getan werden, um die Integration ausländischer Jugendlicher zu erleichtern?

Angaben in Prozent

 

 

 

6.   Fazit und Schlussfolgerungen

 

Generell wurde anhand der Befragung festgestellt, dass Jugendarbeit und die Integration von Jugendlichen in die bundesdeutsche Gesellschaft nicht die oberste Priorität in der Zielsetzung der ausländischen Vereine und eher als ein Teilziel zu werten ist, dass sich in konkreten Bemühungen von Beratungsleistungen bei schulischen und beruflichen Problemen widerspiegelt oder, abstrakter, z.B. in der „Mädchen- und Frauenarbeit“ der Vereine. Einige weitere Hinweise lassen sich aus der Befragung der Senioren ableiten:

 

·      Wenn als Integrationshindernis „fehlende Sprachkenntnisse“ bemängelt werden, so deckt sich dieses Erkenntnis durchaus mit einer Reihe von theoretischen Erörterungen zur Intetrationsproblematik. Auch wenn sich die schulische Integration in den vergangenen Jahren verbessert hat, so ergeben sich aus den durch Zwei- oder Mehrsprachigkeit bestimmten Sozialisationsbedingungen der Migrantenfamilien Benachteiligungen, die sich ohne gravierende Veränderungen im Bildungssystem mittelfristig kaum beheben lassen ([8]). Vorangiges Ziel zur Integration von ausländischen Jugendlichen müsste also die Kompensation migrationsbedingter sprachlicher Defizite, die Entwicklung und Förderung vorhandener Kompetenzen (Zwei- und Mehrsprachigkeit) und die Stärkung sozialer Handlungskompetenz sein.

 

Aus dieser Forderung leitet sich die Frage ab, wer denn außerhalb des Bildungssystems Kompetenzen vermitteln könnte und hier fällt auf, dass neben speziellen Ausländersozialdiensten u.E.

 

·      die Vereine selbst stärker in ihrer Verantwortung als Gestalter gesellschaftlicher Prozesse miteinbezogen werden sollten. Die motivationale Grundlage ist einerseits vorhanden: Die Vereine geben selber an, dass der Verein gegründet wurde, um sich „gegenseitig zu unterstützen“ und das „Gefühl der Zusammengehörigkeit“ weiter zu pflegen. „Integrationsförderung“ oder „Jugendarbeit“, so zeigen die Befragungsergebnisse andererseits, werden vergleichsweise als weniger bedeutsam eingestuft. Die programmatische Forderung an ausländische Vereine könnte lauten, „Integrationsförderung durch Jugendarbeit“ zu forcieren und in der Vereinsarbeit den ohnehin schwierigen Übergang von der Schule zum Beruf  thematisch aufzugreifen. „Feste“ feiern oder „Vorträge“ anbieten (häufigste Antworten auf die Frage: Was tut der Verein, um die Ziele zu erreichen?) reichen da nicht aus.

 

Die soziale Benachteiligung und die Abgrenzung zu überwinden bedarf besonderer Unterstützung in der Schule und Ausbildung. Gleichwohl bedarf es aber - aus der Sicht der Vereine - einer rechtlichen Gleichstellung in der deutschen Gesellschaft: Einheitlich wird die „Beteiligung an kommunalen Wahlen“ in ihrer Bedeutung betont.
Zudem ist bei kontinuierlich ansteigendem Migrantenanteil (innerhalb der Bevölkerung Deutschlands) die „interkulturelle Kompetenz“ der Bildungsträger zu stärken.

 

·      Interkulturelle Kompetenz kann definiert werden als die Fähigkeit, „angemessen und erfolgreich in einer femdkulutrellen Umgebung oder mit Angehörigen anderer Kulturen zu kommunizieren“. Trainingsmaßnahmen zur Steigerung der interkulturellen Kompetenz wird von den befragten Vereinen als bedeutsam angesehen. Für die Stadt Ulm lässt sich aus dieser Gewichtung möglicherweise zweierlei ableiten: Einerseits Öffnung der Ebene der Mitarbeiterschaft in Richtung Fachkräfte mit besonderer Qualifikation (z.B. sprachliche Kompetenz, eigene und reflektierte Migrationserfahrung, Wissen um kulturelle Differenz oder große Affinität zum Thema) und Sensibilisierung der „einheimischen“ Beschäftigten für die Migrantenklientel mit Schwerpunkt auf die Situation der Jugendlichen. Vorbild sind hier die Leitbilder des Sozialreferates der Stadt München, das vorgibt, in Abteilungsgesprächen „die Verbesserung der Dienstleistung für die ausländische Bevölkerung regelmäßig zur Sprache“ zu bringen ([9]).

 

Die Befragungsergebnisse spiegeln in einzelnen Facetten durchaus die „bundesdeutsche“ Problemlage bei der Integration von Migranten. Stichwortartig thematisieren die Vereine aus ihrer Sicht den Mangel an rechtlicher Gleichstellung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft, die Defizite der interkulturellen Öffnung von (Bildungsinstitutionen). Die strukturelle Benachteiligung am politischen und ökonomischen Leben von (jugendlichen) Migranten auf zu heben, erfordert weitere Anstrengungen mit dem Ziel der Herstellung gleicherwertiger Lebensverhältnisse, der Verhinderung weiterer sozialer und räumlicher Ausgrenzung und der Überwindung sozialer Erosion. Weitere Handlungsfelder kommunaler Integrationspolitik müsste

 

·      der Ausbau der lokalen Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und Programme unter Beseitigung bekannter Hemmnisse und Nutzung der Vereinspotentiale sein, bewusst Imageverbesserung und Kampagnen zur Lage jugendlicher Migranten; Ausbau und Vernetzung sozialer Infrastrukturen und interkulturelle Gemeinwesenarbeit.

 

7.   Vorschläge aus dem Projekt:

·      Unterstützung von Selbsthilfe-, Freizeit-, Diensleistungsfunktionen der Vereinsarbeit, z.B. Schulungen im Umgang mit unterschiedlichen Behörden. Stärkere Vernetzung vorhandener Einrichtungen (z.B. Ausländeramt, Bürgerbüro und die Kontaktstellte für die ausländische Bürgerschaft).

·      Ein Projekt gemeinsam mit einem oder ein paar Vereine entwicklen, durchführen und evaluieren - hierbei handelt es sich nicht um ein Projekt für die Vereine, sondern mit den ausgewählten Vereine, die in der Tat, an der Integrationsprozess ihrer Heimatskollegen interressiert ist.

·      Migrantenarbeit sind zunächst Kulturvereine und beziehen sich somit auf die kulturellen Traditionen der Herkunftsgesellschaft - Es gibt Vereine, die als kulturelle Zentren sich organisieren und ihrer Arbeit an die gesammte Gesellschaft richten, während anderer eher als Dienstleistungsvereine bezeichnet werden könnten, da sie einen spezifischen Interessenkreis organisieren und anbieten. Die Vereine müssen m.E. stärker in iher Verantwortung des Gestalter gesellschaftlicher Prozesse miteinbezogen werden.

·      Die durchgeführte Befragung hat gezeigt, dass die Kulturarbeit ein großen Beitrag zu einem Klima der Weltoffenheit in der Stadt Ulm bzw. in Deutschland leisten kann. Ziel der Verstärkung dieser Kulturarbeit soll es sein, von der Toleranz über die Akzeptanz zum Respekt der in Ulm lebenden ausländischen Bürger und Bürgerninnen zu kommen.

·      Der Schwerpunkt der Angebote der Stadt Ulm soll aus der Sicht der durchgeführten Befragung auf die Kulturarbeit mit Kinder und Jugendlichen gestellt werden, da sie eine große Chance haben, in allen Bereichen des sozialen Lebens integriert zu werden. Gerade Kinder und Jugendlichen kommen stärker im Berühung mit der deutschen Gesellschaft. Angefangen von dem Kindergarten, Schulen, beruflichen Schulen, bei der Arbeit bis hin zum Sportvereine. Es ist extrem wichtig, dass die Begegnung mit Menschen anderer Kultur sehr früh beginnt und dies seitens der Stadt Ulm stärker gefördert wird.



[1]  (vgl. Granato, Mona: Italienische Jugendliche in der Bundesrepublik. Leben in der Migration zwischen Integration und Ausgrenzung. In: Alborino, Roberto; Pölzl, Konrad (Hrsg.) (1998): Italiener in Deutschland. Teilhabe oder Ausgrenzung. Freiburg im Breisgau, S. 110-126; Boos-Nünning Ursula: Die Sozialisation von Jugendlichen ausländischer Herkunft. Bedingungen für die Förderung oder Verhinderung von Drogenabhängigkeit. In: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hrsg.) (1998); Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft. Freiburg im Breisgau: Lambertus, S. 11-32).

[2]  (vgl. Meister, Dorothee M.: Die 'halbierte' Integration. Aussiedlerjugendliche in Deutschland. In: Gemende, Marion; Schröer, Wolfgang; Sting, Stephan (Hrsg.) (1999): Zwischen den Kulturen. Pädagogische und sozialpädagogische Zugänge zur Interkulturalität, Weinheim/München, S. 103-115).

[3]  (vgl. Dietz, B.; Eißel, D.; Naumann, D. (Hrsg.) (1999); Handbuch der kommunalen Sozialpolitik, 1999).

[4] (z.B. Tilkeridoy, Fotini "Zwischen Tradition und Moderne". Identitätsbildung im Spannungsfeld zweier Kulturen am Beispiel der zweiten Generation von Griechen in Deutschland. In: Lajios, Konstantin (Hrsg.) (1998): Die Ausländische Familie. Ihre Situation und Zukunft in Deutschland. Opladen, S. 25-60).

[5] (Schwarz, T. (1992): Zuwanderer im Netz des Wohlfahrtsstaates.Türkische Jugendliche und die Berliner Kommunalpolitik, Berlin, S. 297).

[6] (vgl. Bohnsack, R.; Nohl, A-M.: Adoleszenz und Migration. Empirische Zugänge zu einer praxeologisch fundierten Wissenssoziologie. In: Bohnsack, R.; Marotzki, W. (Hrsg.) (1998): Biographieforschung und Kulturanalyse. Transdisziplinäre Zugänge qualitativer Forschung.Opladen, S. 260-282).

[7] (vgl. Fijalkowski, Jürgen; Gillmeister, Helmut: Ausländervereine. Ein Forschungsbericht über die Funktion von Eigenorganisationen für die Integration heterogener Zuwanderer in der Aufnahmegesellschaft - am Beispiel Berlins. Berlin: Hitit-Verlag, 1997)

[8] Meinert, F. (2000): Ausbildungssituation und berufliche Integration ausländischer Jugendlicher in Dortmund, In: Integration in Städten und Gemeinden, Hrsg.: Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, Bonn und Berlin

[9] Hehl, K. (2000): Neuorientierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Leitbilder, Leitlinien und Ziele, In: Handbuch zum interkulturellen Arbeiten im Gesundheitsamt, Bonn und Berlin 2000.